Noch vor der eigentlichen Präsentation des
G-Laders brachte die Forschungsabteilung von Volkswagen diesen Exot
auf das Zeichenbrett. Vorbild für das Konzept - so Forschungschef Dr.
Ullrich Seiffert - leistete der bekannte VW Käfer, also wurde der Polo
Steilheck spontan mit einem Heckmotor versehen. Mit reichlich Hubraum
und zusätzlicher Aufladung mit einem damals noch unbekannten
Spiralladertyp sollten Versuche zur Fahrdynamik unter Einfluss hoher
Geschwindigkeiten sowie zur Traktion bei leichten Fahrzeugen mit
höherer Motorleistung erfolgen. Diese Paarung - ein wassergekühler
Boxermotor aus einem VW Transporter im Heck mit der leichten und
agilen Polo-Karosserie - sollte für eine explosive Mischung sorgen und
den sonst so gutmütig untersteuernden Fronttriebler zu einer rasanten
Kanonenkugel mit kurzem Spielraum zwischen Drift und Dreher machen.
Motor / Getriebe
Ursprünglich entstammt der Wasserboxer mit
1.913 cm³ einem VW Caravelle Carat und leistet serienmäßige 66 kW (90
PS). Unter dem Einfluss einer frühen Prototypvariante des später als
"G-Lader" bekannten Spiralladers liegen ladeluftgekühlte 0,6 Bar bei
3.000 Upm an. Das Motormanagement übernimmt eine angepasste
elektronischen Einspritzung auf Basis der VW Digijet. Rechnung
getragen wird der auf nun 115 kW (156 PS) bei 5.750 Upm gestiegenen
Leistung durch die Verwendung eines zusätzlichen Ölkühlers. Die
Kraftübertragung der 222 NM bei 4.000 Upm erfolgt über ein
modifiziertes 5-Ganggetriebe aus dem VW Transporter direkt auf die
Hinterräder.
Fahrwerk
Mit reichlich Innovations- und
Improvisationsvermögen gelang die Konstruktion eines völlig neuen
Fahrwerkskonzeptes mit erstaunlich vielen Teilen aus der laufenden
Serienproduktion. Die Vorderachse wurde kaum Veränderungen
unterworfen, hier kam allerdings die innenbelüftete Scheibenbremse vom
Golf GTI zum Einsatz. Im Heckbereich wurde die serienmäßige
Verbundlenker-Hinterachse mit den vorderen Schwenklagern vom VW Passat
versehen, welche auch die Träger der hinteren Scheibenbremsen
darstellten. Da die Antriebseinheit nun über der Hinterachse lag,
mussten deren Aufnahme entsprechend tiefer gesetzt werden. Durch die
Veränderung der Gewichtsverteilung wurden die Federn und Dämpfer der
Vorder- und Hinterachskonstruktion entsprechend straff auf sportliche
Fahrweise angepasst.
Karosserie
Besonders auffällig wird die rotmetallic lackierte
Karosserie des Polo Sprint durch ihr Aerodynamikpaket sowie die großen
seitlichen Lufteinlässe, durch die der Motor atmet. Die Wasserkühlung
erfolgt wie beim Serienmodell vorne unter der Haube, allerdings wurde
hierhin auch der Kraftstofftank und das Notrad verbannt. Stilecht wie
beim Käfer-Vorbild sorgte eine Doppelauspuffanlage mit Endrohren links
und rechts nicht nur für
satten Klang.
Innenraum
Obwohl im Heck ein großvolumiger Motor auf seinen
Einsatz wartet, fand sich im Fond noch Platz für eine Rücksitzbank.
Die rot-violetten Recarositze vorne spenden den durchaus nötigen
Seitenhalt und sind vom Bezug her auch optisch auf das Fahrzeug
abgestimmt. Den Fahrer erwartet außerdem ein besonderes
Kombinationsinstrument, denn auch hier durfte sich die
Versuchsabteilung austoben: Neben den obligatorischen Anzeigen für
Geschwindigkeit und Motordrehzahl sitzt auch eine Ladedruckanzeige gut
im Sichtfeld. Zusätzlich zum Kraftstoffvorrat und der
Kühlwassertemperatur war auch die Motoröltemperatur und der
Motoröldruck mit einem Blick ablesbar.
Leider blieb der VW Polo Sprint
einzigartig. Eine Serienfertigung war von Anfang an nicht
beabsichtigt, so Dr. Seiffert: "Zu teuer und kaum realistische
Marktchancen". Nach der Präsentation auf der Volkswagen
Bilanzpressekonferenz 1984 kam das Fahrzeug daher im Volkswagen Museum
zu seinem frühen Ruhestand, wo es auch heute noch in der Sammlung
bewahrt wird.
Text und Bilder (C) Sebastian Winkler -
www.g-lader.info |